AP 1 Inventarisierung und Vorbearbeitung der Rohstoffe

Biogene Reststoffströme zur Herstellung von Pyrolyse-Öl in der deutsch-niederländischen grenzregion

Grünschnitt, Straßenkehricht, Viehstreu – Das sind biologische Reststoffe mit hohem energetischen Potential, aber wie kann dieses Potential nutzbar gemacht werden? Welche Reststoffe sind in welchem Umfang verfügbar? Wie können diese Reststoffe möglichst energiesparend zum Einsatz in der Pyrolyse vorbehandelt werden? Diese und weitere Fragen waren Gegenstand der Untersuchungen von Arbeitspaket 1 unter der Leitung der FH Münster.

Ziele und Vorgehensweise:
1. Erstellung einer Reststoffdatenbank im deutsch-niederländischen Grenzgebiet
2. Erstellung von Vorbehandlungskonfigurationen für Pyrolyseversuche
3. Vorbehandlung und Bereitstellung geeigneter Reststoffströme
4. Erfassung der Vorbehandlungsenergien und -kosten

Inventarisierung
– Substraterfassung im deutsch-niederländischen Grenzgebiet
– Erstellung einer Datenbank mit Merkmalregister
– 30 biogene Reststoffe wurden erfasst

Vorbehandlung
– Vorbehandlung von 8 Reststoffen
– Einhaltung pyrolyse-relevanter Grenzwerte
– Ermittlung sinnvoller Vorbehandlungskonfigurationen
– Trocknung
– Separation
– Zerkleinerung

1. Vorbehandlungskonfiguration: →Trocknen
2. Vorbehandlungskonfiguration: →Separieren und Trocknen
3. Vorbehandlungskonfiguration: →Trocknen und Zerkleinern

Bewertung
– 30 Steckbriefe mit Kenndaten erstellt
– Vorbehandlungskosten und -energien ermittelt
– 3.000.000 t/a Reststoffe erfasst

Biogene Reststoffströme sind Nebenprodukte, Reststoffe oder Abfälle, die in unterschiedlichen Wirtschafts- und Produktionsbereichen neben den eigentlichen Produkten entstehen, und verwertet oder beseitigt werden müssen. Es wurden dabei folgende Wirtschaftsbereiche unterschieden:
– Stoffströme aus der Forst-, Holz- und Papierwirtschaft
– Stoffströme aus der Landwirtschaft
– Stoffströme aus der Biotop- und Landschaftspflege
– Stoffströme aus Industrie und Abfallwirtschaft
Bei der Auswahl wurde darauf geachtet, Substrate mit geringen mineralischen Anteilen auszuwählen. Im Rahmen der Substraterfassung wurden somit 30 biogene Reststoffe (inklusive Prozessteilströme) aufgenommen. Für eine wirtschaftliche Einordnung waren dabei vor allem die Substratkosten bzw. der Erlös, die Verfügbarkeit und der Standort entscheidend. Des Weiteren wurden die Substrate energetisch und stofflich charakterisiert, um die Eignung für den Pyrolyseprozess definieren zu können. Die zu bewertenden Parameter waren hierbei: Trockenrückstand (TR), organischer Trockenrückstand (oTR), Brennwert (Hs) und Korngrößenverteilung. Auf Basis dieser Entscheidungskriterien wurden acht Substrate für Pyrolyseversuche ausgewählt und vorbehandelt. Über den Projektpartner und Entsorger Lohmann GmbH wurden die Substrate Grünabfall, Straßenkehricht und Sägespäne aus dem Viehtransport als zu untersuchende Substrate ausgewählt. Darüber hinaus wurden Bioabfall, Gärrest aus Bioabfall sowie Kompost der Entsorgungs GmbH Steinfurt (EGST) untersucht. Hinzu kamen landwirtschaftliche Substrate wie Schweinegülle (feste Phase) und Gärrest aus Maissilage. Die Projektpartner Alba Städte- und Industriereinigung Baving GmbH und die Hochschule Saxion stellten ebenfalls Substrate zur Verfügung.

Da die Substrate vor allem in dem Verfahren der Schnellpyrolyse eingesetzt werden sollten, mussten die dafür benötigten substratspezifischen Grenzwerte, ein Trockenrückstand von TR>94  Gew.-% und eine Partikelgröße von dm<5 mm eingehalten werden. Für den Fall, dass diese Grenzwerte nicht erreicht wurden, erfolgte eine Vorbehandlung (fest/flüssig Separation, Trocknung, Zerkleinerung). Für die Zerkleinerung wurden ein Prallreaktor im technischen Maßstab (500 kg/h) und eine Schneidmühle im halbtechnischen Maßstab (30 kg/h) verwendet. Die Trocknung wurde mittels Trockenschränken (im Labormaßstab) und eines Gärresttrockners (großtechnischer Maßstab) durchgeführt. Zur fest/flüssig Separation wurde eine FeinstFilter-Anlage technischen Maßstabs (1 m³/h) genutzt. Zur Vorbehandlung wurden 3 verschiedene Konfigurationen kombiniert:
1. Trocknung (sofern die Reststoffe schon die benötigte Partikelgröße besaßen)
2. Separation und Trocknung (sofern die Reststoffe besonders flüssig waren)
3. Trocknung und Zerkleinerung (sofern beide Vorbehandlungsschritte nötig waren)

Der Gärrest aus Maissilage musste nicht vorbehandelt werden, da das Substrat bereits an der Biogasanlage getrocknet und zerkleinert worden ist. Deshalb waren allerdings auch die Substratkosten höher und lagen bei 35 €/t. Die Substrate Sägespäne Viehtransport und Kompost mussten getrocknet werden, der Partikeldurchmesser lag bereits innerhalb der vorgegebenen Grenzwerte. Die Substrate Grünabfall, Gärrest aus Bioabfall, Straßenkehricht und Bioabfall mussten sowohl getrocknet als auch zerkleinert werden. Die substratspezifischen Kosten und Vorbehandlungsenergien sind besonders vom Trocknungsaufwand abhängig, da dies der energieintensivste Prozessschritt ist. Deshalb wurde beispielsweise die Schweinegülle separiert und dann getrocknet. Die Feinst-Filter-Separation eignete sich vor allem bei Substraten mit hohen Wasseranteilen. Durch die Abscheidung des Wassers konnte Trocknungsenergie eingespart werden.

Die genannten Substrate wurden schließlich in einer Schnellpyrolyse-Anlage im Labormaßstab (0,3  kg/h) pyrolysiert. Das Ergebnis dieser Versuchsreihe ergab, dass die Substrate Schweinegülle (feste Phase), Gärrest aus Maissilage und Gärrest aus Bioabfall zur Pyrolyse geeignet waren. Deshalb wurden mit diesen Substraten weitere Versuchsreihen in einer Pyrolyseanlage im halbtechnischen Maßstab (3 kg/h) durchgeführt.

Tabelle: Parameter-Übersicht der Substrate für Pyrolyseversuche TR= Trockenrückstand, oTR=organischer Trockenrückstand, Hs= Brennwert

Um diese Versuchsreihen wirtschaftlich bewerten zu können, wurden für die Vorbehandlungen dieser Substrate und die entsprechenden Vorbehandlungskonfigurationen, Energie- und Kostenschätzungen durchgeführt. Die genannten Substrate wurden zusätzlich zerkleinert, um einen möglichst reibungslosen Versuchsablauf der Pyrolyse sicherzustellen. In der folgenden Abbildung sind die Ergebnisse dargestellt.

Bei der Betrachtung der Vorbehandlungsenergie fiel auf, dass die Energie, die zur Trocknung erforderlich war, mit Abstand den größten Anteil darstellt. Der Schweinegülle Feststoff verfügte nach der Separation über einen Wasseranteil von 80 %. Die Separation benötigte eine Leistung von 1,2 kWh/t und war damit energieextensiv. Die Trocknung verbrauchte schließlich deutlich mehr Energie (2.182 kWh/t). Eine Zerkleinerung des Substrats mittels des Prallreaktors benötigte 11,0 kWh/t. Mit kostenspezifischen Erlösen von 10 €/t führte dies zu Vorbehandlungskosten (Betriebskosten, ohne Anschaffungskosten) von 23,06 €/t.

Der Gärrest aus Bioabfall war nicht geeignet für eine Separation. Die benötigte Trocknungsenergie lag bei 821 kWh/t. Wiederrum eine Zerkleinerung verbrauchte 11,5 kWh/t. Mit einem substratspezifischem Erlös von 10 €/t wurden schließlich Vorbehandlungskosten von 2,73 €/t erreicht. Die Vorbehandlung des bereits getrockneten Gärrests aus Maissilage beschränkte sich mit 12,9  kWh/t auf die Zerkleinerung. Mit vergleichsweise hohen Substratkosten von 35 €/t lagen die substratspezifischen Kosten schließlich bei 35,99 €/t. Ein weitverbreitetes Substrat, welches zur Pyrolyse genutzt wird, ist Holz, welches hier mit einem Preis von 135 €/t als Vergleichswert dargestellt ist. Somit lassen sich durch die Verwendung von biogenen Reststoffströmen deutlich Substrat-Kosten einsparen. In wie weit sich die Verwendung von Reststoffen auf die Qualität der Pyrolyseprodukte auswirkt, wurde im weiteren Projektverlauf ermittelt.

Schlussfolgerung

Zusammenfassend wurde durch die beschriebenen Arbeiten, insgesamt 30 biogene Reststoffe erfasst und charakterisiert. Jedes in dieser Reststoff-Datenbank erfasste Substrat wurde in Form eines Steckbriefs beschrieben, siehe Abbildung . Die Vielzahl an zur Pyrolyse geeigneten Reststoffen stellt das hohe Potential einer großtechnischen Implementierung in der Grenzregion dar. Es wurden Reststoffströme mit einem Gesamtaufkommen von 3.000.000  t/a erfasst. Schließlich wurden davon 8 Substrate für eine Versuchsreihe ausgewählt und erfolgreich pyrolysiert. Weitere, größer skalierte Versuche wurden mit drei der vorbehandelten Substrate durchgeführt: Schweinegülle, Gärrest aus Bioabfall und Gärrest aus Maissilage Die Kosten für die drei Vorbehandlungskonfigurationen wurden ebenfalls ermittelt. Dabei stellte sich u.a. heraus, dass die Trocknungsenergie den größten Anteil an diesen Kosten ausmacht. Deshalb wird das Ziel weiterer Untersuchungen sein, diese Kosten weiter zu senken. Ein Lösungsansatz ist hier, die aus dem Pyrolyseprozess überschüssige Wärmeenergie für die Trocknung einzusetzen.

Beispiel: Steckbrief aus der Reststoffdatenbank. Substrat: Sägespäne Einstreu aus dem Viehtransport.